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Schreiber

Seit dem Teenageralter waren vorrangig Gedichte ein wichtiges Medium für Stefan, um stimmungsvolle Momente festzuhalten. Durch die eigene Musik trat das ausschließliche Schreiben ein wenig in den Hintergrund. Durch die Geburt der Kinder und nochmals verstärkt durch die Rückkehr nach Ostfriesland entwickelt sich diese Leidenschaft allerdings wieder neu. Aktuell arbeitet Stefan an der Gedichtserie: „Gedichte an Ostriesland“. Stefan kommt durch Radtouren oder auch gezielte Fahrten innerhalb Ostfrieslands immer wieder an bestimmte Orte, die ihn inspirieren. Die Idee hinter dieser Gedichtserie ist einfach. Mit Hocker, Block und Stift sucht sich Stefan einen festen Punkt und lässt den Moment und die Umgebung auf sich wirken. Frei nach dem Motto: „Irgendetwas Geschriebenes mit Reim wird schon dabei rauskommen!“ Zu den Entstehungsorten, den Namensgebern dieser kleinen Werke, werden die genauen Koordinaten veröffentlicht und ein Bild darf nicht fehlen. Ebenfalls sollen diese Gedichte als Tonmaterial verfügbar gemacht werden. Hierzu nimmt Stefan die Umgebungsgeräusche auf, später spricht er das Gedicht in seinem Studio darüber ein. 

N53°  24,482 , E007°  26,901

Die Ungeduld des Frühlings hält für einen Moment inne
Seichter Regen, Vogelkonzert im Takt der Böen
Und über allem liegt die Stille.

Ein Konzert in mir, mal schläfrig, mal wach
Die Gräser erzählen
Es trommelt das Blätterdach.

Der Duft der Nesseln, das alte Laub,
Das Grüne Leuchten, das graue Haupt
Du unterhältst nicht mit Sonne, bunt oberflächlichem Schein
Du lässt mir hier meinen Platz
Hier darf ich bei mir sein.

Gefallene Bäume im Sturm meiner Gedanken
Lassen nun mich und neues Leben
Verdienten Frieden tanken.

„Die Jacke schnell an“, warum suche ich in mir diese Orte?
Ostfriesland kann erzählen
Auch ohne große Worte.

Und wenn mich jemand fragt: „Was hast du heut` erlebt?“
„Mich…“, ist die Antwort
Und damit ist auch schon alles erzählt.

Eine Heimat, als Freund fürs Leben, macht sich nicht breit
Ostfriesland, du bist greifbar
Und hast immer für mich Zeit! 

Seit meinem Umzug nach Ostfriesland, den ich eher für einen Neuanfang unter weiseren Voraussetzungen halte als eine wirkliche „Rückkehr in die Heimat“ – obwohl Ostfriesen wahrscheinlich genau das meinen, wenn sie sagen: „Dei komen all weer torügg!“, setzte ich mich natürlich verstärkt mit den Gründen, dieser damalig recht spontanen Entscheidung, auseinander.

Mir war schnell klar, hier bin ich einfach besser geerdet. Auch wenn die Autobahn weiter Weg ist, scheint der Weg zu guten Entscheidungen kürzer. Doch trotz der vielen positiven Gedankenprozesse, ertappe auch ich mich leider wieder ab und an dabei, wie ich in alte Verhaltensmuster zurückfalle. Denn, schließlich ist das Netzt in Ostfriesland nicht optimal ausgebaut und ich muss mit meinem Handy auf die Terrasse aber frei von medialem Ballast ist man ja auch hier nicht!

In diesem speziellen Falle ginge es aber um ein weitaus irdischeres Problem, das ich zu einem Wall aufgeschüttet hatte, dadurch, dass ich es zu lange vor mir herschob. Rückseitig von unserem Grundstück musste längst überfällig der Entwässerungsgraben ausgemäht werden. Wenn einem das Vorkommen ungewohnter Gräser und dessen Höhe erstaunt, ist es schon fast zu spät. Wenn man das Vorhaben dann auf einen späteren Wochentag verschiebt, der dann terminlich spontan nicht passt, das Vorhaben in die nächste Woche wandert, in der es dann komplett regnet, was dem Wachstum noch einmal im Hochfrühling einen richtigen Schub verleiht, dann…ja, dann steht man irgendwann einen knappen Monat zu spät gleich früh morgens bei schönstem Wetter an seinem freien Vormittag grimmig und entnervt inmitten von Gräsern, Giersch und Brennnesseln, um mit einem maßlos überforderten Gartengerät einen langen Graben aus zu sensen.

Ich begann also, hasserfüllte Gedanken, ich ging richtig hart mit mir und meiner Dummheit es wieder so weit rausgezögert zu haben ins Gefecht. Für ca. 7:45 Uhr war es schon recht heiß, was die Freude meinerseits über den permanenten Fadenriss meiner Hobby-Akkusense weiter beflügelte. Ich sah mich zusammengefasst nicht in der Lage, mich aus eigenen Kräften in eine bessere „Nützt ja nichts“- Grundstimmung zu versetzen.

Ich musste kurz unterbrechen, als eine ältere Oma mit Dackel den Schotterweg bei ihrem morgendlichen Spaziergang hinter mir passierte. „Na, so früh schon am Arbeiten?“, einer dieser derart gehaltlosen und überflüssigen Sätze hätte mir eigentlich sofort eine Steilvorlage zum Abfeuern eines vernichtenden, sarkastischen Feuerwerks geboten aber da ich Menschen mag und auch mittlerweile reifer geworden bin, zapfte ich die Quelle meines Selbsthasses an und antwortete gequält freundlich: „Ja, war ja auch dringend nötig!“. Sie war schon fast an mir vorbeigelaufen und ich dachte, dass ich meinen Auftrag des „ostfriesischen Smalltalks“ damit erfüllt hätte, als von ihr nur kam: „ Ja, wat nich all nödig deit! … aber ist schön heute!“.

„Du Vollidiot!“, war mein allererster Gedanke, „du dämlicher Vollidiot! Was machst du hier!“. Eigentlich kann die Geschichte hier enden, weil Oma alles gesagt hat, was zu sagen ist, im Namen aller Vollidioten!

Also, ich habe den Graben ausgemäht, mich noch mit meinen lieben Nachbarn unterhalten, die Vögel gehört, die gemähten Brennnesseln gerochen und die Wärme des Tages gespürt. Im Anschluss daran auf die Terrasse gesetzt und in Ruhe einen Kaffee getrunken. Zufriedenheit! BÄM!

Für alle YouTube- Channel Abonnenten von Motivations- und „Change your life“ - Trainern, Esoterik- Fachleuten und Rhetorik Genies: „Prioritäten im Glas – die dicken Kiesel zuerst“… „was bewegt dich wirklich?“… „der Weg ist das Ziel“…

Die ostfriesische Antwort: „WAT NICH ALL NÖDIG DEIT“

Es gibt wohl kaum etwas Tieferes und Ergreifenderes als die Zärtlichkeit eines Kindes – die Frauen mögen es mir verzeihen. Die Zärtlichkeit von Frauen kann leidenschaftlich oder erregend oder auch sehr schön, vertraut sein und an Tiefe immer mehr gewinnen mit anhaltender Dauer einer Beziehung aber dieses Unverhoffte und Spontane, nur gesteuert von einem kleinen Impuls auf der Suche nach Nähe und Geborgenheit – so ehrlich, das schaffen nur Kinder. Schmusen mit Kindern ist wohl das Wunderbarste, das ich mir vorstellen kann. Sie sind leicht tollpatschig aber ehrlich… wenn sie ankommen und dir um den Hals fallen – ihr Kopf haut unsanft gegen deine Schläfe, mindestens ein Fingernagel zieht seine Bahnen durch dein Gesicht – evtl. haben sie sogar noch Rotze unter der Nase, getrocknete, wenn man Glück hat… dann verweilen sie kurz in der Umklammerung und man schaut sich ihre Arme an, ihre kleinen Finger, streicht ihnen durch ihr seidiges Welpenhaar und streichelt ihre zarten Wangen, die zarten Hände mit diesen süßen Fingern– dieser Moment ist vollkommen – ja, ach ja… und dann furzen sie!!! Und es stinkt – woher auch immer – aber es stinkt wie Hölle! Und auf einen Schlag ist alles vorbei, schade eigentlich … aber für das Kind ist es ok.
„Papa, wollen wir was spielen?“ – „Mein Kopf schreit, boaah - hau ab du Ferkel!“ Aber mein Verstand antwortet mit gesetzter Stimme: Klar, mein Spatz, was wollen wir denn spielen?“
Die einfache Welt des Kindes stellt uns Erwachsene manchmal vor fast unlösbar komplexe Aufgaben und nur die Vernunft hilft uns dann mit dem ein oder anderen Automatismus weiter, um nicht auszuflippen, um eben das Richtige zu tun.
Kinder sind wie Waschmaschinen – du schmeißt alles an Emotionen, Lebenserfahrung, Herz und Verstand rein – sie ballern alles im Schleudergang durcheinander und irgendwann kommt es gereinigt wieder raus.
Wenn die Wege des Herrn unergründlich sind… na du weißt schon, dann bei Kindern aber mindestens.